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Gibt es bald die Pille mit (fast) keinen Hormonen?

Antibabypille weniger Hormone Wirksamkeit bunt photocredit unsplash and machines

Die Pille könnte mit bis zu 92% niedrigeren Hormondosen noch immer wirksam sein

  • Forscherinnen untersuchten kürzlich den Hormonspiegel in Verhütungsmitteln, um festzustellen, ob es möglich ist, den Hormonspiegel deutlich zu senken und ob die Verhütungsmittel dan immer noch wirksam den Eisprung zu verhindern.
  • Die Wissenschaftlerinnen der University of the Philippines Diliman haben mit Hilfe von Computermodellen ermittelt, um wie viel sie die Hormondosierung reduzieren können.
  • Ihre Ergebnisse zeigten, dass sie die Hormone in reinen Östrogen-Verhütungsmitteln um bis zu 92% reduzieren und trotzdem noch immer den Eisprung verhindern konnten.

Hormonelle Verhütungsmittel sind immer noch eine der beliebtesten Optionen der Verhütung.

Häufig verursachen sie jedoch Nebenwirkungen. Deshalb hat eine Gruppe von Forschern auf den Philippinen untersucht, ob es möglich ist, sowohl die Hormondosierung in Verhütungsmitteln, als auch den Zeitpunkt der Verabreichung zu verringern und gleichzeitig ihre Wirksamkeit beizubehalten.

Ihre Studie, die in der Fachzeitschrift PLOS Computational Biology veröffentlicht wurde, deutet darauf hin, dass es möglich ist, die Hormondosis sowohl bei reinen Östrogen- als auch bei reinen Progesteron-Verhütungsmitteln deutlich zu reduzieren und dennoch den Eisprung zu verhindern.

Wie wirken hormonelle Verhütungs
mittel eigentlich?

Ärztinnen und Ärzte verschreiben ihren Patientinnen häufig hormonelle Verhütungsmittel, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Nach Angaben des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) verwenden in den Vereinigten Staaten 12,6% der Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren ein orales Verhütungsmittel, und 10,3% der Frauen verwenden lang wirkende reversible Verhütungsmittel (z.B. Implantate).

Hormonelle Verhütungsmittel wirken durch den Einsatz synthetischer Hormone wie Östrogen und Progesteron, um eine Schwangerschaft zu verhindern.

Sie können auf verschiedene Weise wirken, z. B. indem sie den Eisprung stoppen oder die Gebärmutterschleimhaut verdünnen, so dass sich keine Eizelle einnisten kann.

Zu den hormonellen Verhütungsmitteln gehören die Pille (als Kombinationspille oder als reine Gestagenpille), das Armimplantat (Nexplanon), das Verhütungspflaster (Xulane) und die Intrauterinpessare (Mirena oder Skyla).

Neben der Verschreibung von Verhütungsmitteln zur Schwangerschaftsverhütung werden sie manchmal auch verschrieben, um bei Patientinnen mit polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS) die Zysten zu verkleinern und damit die Schmerzen zu lindern, oder bei der Behandlung von Endometriose, um Schmerzen und übermäßige Blutungen zu kontrollieren.

Hormonelle Verhütungsmittel können jedoch häufig (naja eigentlich meist immer) Nebenwirkungen haben, die von leicht bis schwer reichen:

  • Übelkeit
  • Kopfschmerzen
  • Unterleibskrämpfe
  • Bluthochdruck
  • Blutgerinnsel
  • Schlaganfall

Außerdem haben Raucherinnen, die hormonelle Verhütungsmittel einnehmen, ein deutlich erhöhtes Risiko für tiefe Venenthrombosen, d. h. Blutgerinnsel im Bein.

Einige leichtere Nebenwirkungen können wieder verschwinden. Aber wenn du betroffen bist, solltest du die Nebenwirkungen mit deiner Gynäkologin besprechen, um eine mögliche Alternative für dich zu finden. 

Was sollte die Studie herausfinden?

Die Forscher, die die aktuelle Studie durchführten, wollten die bisherige Forschung zu Verhütungsmitteln erweitern und untersuchen, ob niedrigere Hormondosierungen immer noch wirksam eine Schwangerschaft verhindern können.

Sie zogen nicht nur eine Verringerung der Hormonmenge in den Verhütungsmitteln in Betracht, sondern stellten auch die Theorie auf, dass es möglich ist, den Zeitpunkt der verschiedenen Dosierungen anzupassen, um einen maximalen Nutzen zu erzielen.

"Das Ziel ist es, Strategien zu identifizieren, um zu verstehen, wann und wie viel Östrogen und/oder Progesteron verabreicht werden muss, um einen empfängnisverhütenden Zustand zu erreichen", schreiben die Autoren.

Die Wissenschaftler untersuchten die Daten von 23 Teilnehmerinnen im Alter von 20 bis 34 Jahren. Den Forschern zufolge hatten die Teilnehmerinnen regelmäßige Menstruationszyklen, die zwischen 25 und 35 Tagen dauerten.

Sie untersuchten ihre Daten an zwei Modellen: dem Hypophysenmodell und dem Eierstockmodell.

Die Hypophyse ist Teil des endokrinen Systems, das die Hormone reguliert, die den Eisprung beeinflussen. Mit dem Hypophysenmodell analysierten sie den Zeitpunkt der Freisetzung von Eisprunghormonen sowie die Hormonspiegel.

Mit dem Computermodell der Eierstöcke untersuchten die Wissenschaftler, wie die Eierstöcke auf die ausgeschütteten Hormone reagierten.

Außerdem untersuchten die Forscher anhand von Modellen, wie sich unterschiedliche Östrogen- und Progesteronspiegel auf den Menstruationszyklus auswirken.

Starke Reduzierung des Hormonspiegels ist möglich

Die Computermodelle zeigten, dass es möglich ist, die Hormondosierung zu verändern und den Eisprung zu verhindern.

Die Modelle zeigten nicht nur, dass die Hormone reduziert werden können, sondern die Forscher fanden auch heraus, dass es möglich ist, sich auf die Anpassung der Dosis während bestimmter Teile des Zyklus zu konzentrieren und die Verhütungsmittel dennoch wirksam zu sein.

Bei reinen Östrogen-Kontrazeptiva reduzierten die Wissenschaftler die Dosis um 92% und behielten die Wirksamkeit bei. Bei den reinen Progesteron-Verhütungsmitteln reduzierten sie die Dosis um 43% und konnten die Verhütungswirkung beibehalten.

Was den Zeitpunkt der Hormonverabreichung angeht, so stellen die Autoren fest, "dass es am wirksamsten ist, das Östrogen-Kontrazeptivum in der mittleren Follikelphase zu verabreichen."

Studienautorin Brenda Gavina, eine Doktorandin an der University of the Philippines Diliman, sprach mit einer medizinisches Fchzeitschrigt über die Studie und erläuterte die Ergebnisse so:

"Es war überraschend, dass unser mathematisches Modell - mit den vereinfachenden Annahmen - theoretisch zeigte, dass bereits mit 10% der gesamten exogenen Östrogendosis bei konstanter Verabreichung eine Empfängnisverhütung erreicht werden kann, sofern diese Dosierung perfekt abgestimmt ist".

"Niedrigere Dosen verringern das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen wie Thrombose und Herzinfarkt, die bei hohen Dosen auftreten können", so Gavina.

Die Forscherin erklärte auch, dass "das derzeitige mathematische Modell nicht alle Faktoren der Empfängnisverhütung erfasst, da die Fortpflanzungsfunktion bei Frauen ein sehr komplexes dynamisches System mit mehreren Skalen ist". Sie glaubt, dass das Modell, sobald mehr Daten vorliegen, verfeinert werden kann, um andere Verhütungsfragen zu behandeln.

Was sagen Experten für reproduktive Gesundheit zu diesen Ergebnissen?

Die Studienergebnisse zeigen zwar, dass eine Anpassung der Hormondosis in Verhütungsmitteln unter Beibehaltung der Wirksamkeit möglich ist, doch ist die Studie noch nicht für den klinischen Einsatz geeignet. Das betonten die Wissenschaftler.

"Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es sich um eine theoretische Studie handelt, die nicht am Menschen getestet wurde", sagte Dr. Sophia Yen, klinische Professorin an der Stanford Medical School und Mitbegründerin und CEO von Pandia Health in Sunnyvale, Kalifornien, die nicht an der aktuellen Studie beteiligt war.

Dr. Yen gab zu bedenken, dass "die Senkung des Hormonspiegels bei Personen mit höherem BMI aufgrund des größeren Verteilungsvolumens der Medikamente wahrscheinlich nicht so stark ausfallen wird."

Dr. Sandra Hurtado, Assistenzprofessorin für Geburtshilfe, Gynäkologie und Reproduktionswissenschaften an der McGovern Medical School der UTHealth Houston, die nicht an der Studie beteiligt war, machte folgende Aussage über die Ergebnisse der Studie.

Dr. Hurtado betonte, dass es sich bei der Studie um ein mathematisches Modell handelt, das "in einem Tiermodell und am Menschen getestet werden muss, um seine Sicherheit und Wirksamkeit zu prüfen."

Dennoch sehen sie alle ein gewisses Potenzial in der Studie. "Wenn es eine Möglichkeit gäbe, den Hormonspiegel jedes Einzelnen zu testen und aufzuzeichnen und dieser Person die richtige Dosis zum richtigen Zeitpunkt zu verabreichen, wäre das ideal", sagte Dr. Hurtado.

Sie schlug außerdem vor, dass die Weiterentwicklung dieser Forschung durch die Entwicklung eines automatischen Insulinabgabesystems hilfreich sein könnte. "Zurzeit sind solche Systeme noch sehr kostspielig und für den Einsatz als Verhütungsmittel nicht zu rechtfertigen, aber mit der fortschreitenden Technologie und den sinkenden Kosten für Elektronik können sie hoffentlich in naher Zukunft entwickelt werden."

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